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Mittelhessen
> Mobilitätskonzept für Marburg: Stadtverordnete beschließen MoVe 35
21.07.2023, 21:05 Uhr
Marburg verabschiedet MoVe 35 -
Autoverkehr soll deutlich sinken
© HIT RADIO FFH
Das Marburger Rathaus - hier wurde über das Verkehrskonzept MoVe 35 gestritten. Die Stadtverordneten haben das Konzept jetzt verabschiedet.
Wie soll der Verkehr der Zukunft in Marburg aussehen? Darüber wurde in der Stadt heftig gestritten. Jetzt haben die Stadtverordneten das umstrittene Mobilitäts- und Verkehrskonzept MoVe 35 verabschiedet - mit deutlicher Mehrheit.
Es werde Autos aus der Unistadt verbannen, fürchten die einen - es wird unsere Stadt viel lebenswerter machen, hoffen die anderen. HIT RADIO FFH hat die Kritiker und Befürworter gesprochen. Oberbürgermeister Thomas Spies will Autofahrerinnen und Autofahrer aber nicht verschrecken.
Mehr Infos über MoVe 35
Autoverkehr soll um 25-50 Prozent sinken
Das Ziel ist, dass Marburg mit allen Verkehrsmitteln besser erreichbar ist und der Autoverkehr in der Stadt deutlich reduziert wird - um 25 bis 50 Prozent. Außerdem soll die Stadt für alle sicherer werden.
Kurze Wege eher laufen oder radeln
Noch würden die Menschen, so haben die Experten für MoVe35 erarbeitet, vier von zehn Wegen in der Stadt mit dem Auto zurücklegen. Das soll um die Hälfte sinken. Zum Beispiel, indem kurze Wege öfter zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden.
Spies: Stadt kann an vielen Stellen noch schöner gemacht werden
Die Stadt soll durch das Verkehrskonzept nicht nur sicherer, sondern auch schöner werden, sagt Oberbürgermeister Thomas Spies.
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Also mein größter Wunsch wäre, dass wir alle mal einen Gang runterschalten und vielleicht mal genauer gucken, was da eigentlich an Chancen drin ist. Dass wir das Ziel haben, dass in Marburg niemand verletzt und schon gar nicht niemand im Verkehr sterben soll. Weil wir an vielen Stellen die Stadt noch ein bisschen schöner machen können, mit ein bisschen breiteren Fußwegen. An manchen Stellen haben wir kahle Straßen. In der Innenstadt, da müssen Bäume hin. Also mit den zunehmenden heißen Sommern, das wird die Stadt enorm verschönern. Wir werden an den Straßen, wo die Leute heute schon sagen, wir haben die Faxen dick, wir haben ja nichts dagegen, dass jemand mit dem Auto fährt, aber warum alle bei uns vor der Tür? Dass die eine Entlastung erfahren. Und ganz ehrlich, das ist der Witz von der Stadt, dass sie ein guter Ort für Menschen ist, in dem man hinkommt, von dem man wegkommt und an dem man sich vor allen Dingen wohlfühlt.
Spies: In Sachen Radwege ist noch mehr Arbeit nötig
Marburgs Oberbürgermeister Thomas Spies erklärt die Idee von MoVe35.
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Der Witz bei MU35 ist ja, wir haben eine sehr umfangreiche Analyse der Mobilität von Menschen in Marburg. Und so können wir viel genauer gucken, wie machen wir das so, dass es am Ende auch gut wirkt. Und dann lohnt es sich auch viel eher, den ÖPNV auszubauen, weil er dann benutzt wird. Das gleiche Problem ist bei Fahrradwegen. Wir haben sehr viel getan für Radverkehr in der Stadt, aber da ist noch mehr nötig. In der Innenstadt muss man sehr genau gucken, wer braucht welche Wege, damit man die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer ein bisschen besser trennt. Dann fühlen sich auch die Fahrradfahrer nicht mehr so bedroht.
Spies: Weniger Wege mit dem Auto zurücklegen
Autofahrerinnen und Autofahrer sind weiterhin in Marburg erwünscht, aber aber kurze Fahrten innerhalb der Stadt sollten möglichst nicht mit dem Auto gemacht werden, meint Marburgs Oberbürgermeister Thomas Spies.
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Nein, das ist kompletter Bullshit. Im Konzept steht, auch in Zukunft wird jeder, der möchte oder jeder, der muss, selbstverständlich mit dem Auto in die Stadt und durch die Stadt fahren können. Wir möchten, dass der Anteil der Wege, die mit dem Auto zurückgelegt werden, sinkt und der Umweltverbund steigt. Jetzt muss man klar sagen, wer aus dem Dorf, im Landkreis in die Stadt kommt zur Arbeit, ist ein Weg. Wer 800 Meter zum Brötchen holen und mit dem Auto fährt, ist auch ein Weg. Der eine Weg ist völlig logisch, dass das gar nicht anders geht. Der andere Weg, kann man überlegen, ob man sonst auch morgen 500 Meter zum Bäckerladen nicht auch zu Fuß gehen kann und mit dem Fahrrad fahren. Und wenn der zweite Weg wegfällt, haben wir 50 Prozent weniger von diesen zwei Wegen. Das ist die Idee, dass selbstverständlich wird in Zukunft jeder auch mit dem Auto in die Stadt kommen.
OB Spiess: Wer will, kommt weiter mit dem Auto nach Marburg
Oberbürgermeister Thomas Spies betont aber im FFH-Interview: "Alle, die möchten oder müssen, können weiter mit dem Auto in die Stadt fahren. Die Stadt wird viel lebenswerter - mehr Bäume, mehr Radwege, gezielterer Busverkehr - und vor allem: mehr Sicherheit, damit niemand in Marburg mehr durch den Verkehr verletzt wird."
Autowege sollen reduziert werden
Der Ausbau des ÖPNV-Systems spielt für die Umsetzung eine tragende Rolle. Busse und Bahnen sollen in Zukunft eine attraktive Alternative zum Auto darstellen. Auch Parkmöglichkeiten in den Straßen sollen begrenzt und bestehende Systeme wie Tiefgaragen oder Parkhäuser besser genutzt werden.
3.762 Menschen beteiligten sich an Online-Befragung
Drei Jahre hatten gesellschaftliche Gruppen, unterstützt von Experten, geforscht, beraten und geplant. 2020 beteiligten sich außerdem 3.762 Menschen an einer Online-Befragung. Gehört wurden auch die Ortsvorsteher der Außenstadtteile.
Heute ist auf dem Gießener Anlagenring in der City die Umbauphase für einen…
Beispielhafte empfohlene Maßnahmen aus MoVe35
- Park+Go-Standorte für Menschen, die mit dem Auto nach Marburg fahren - zum Beispiel an den Afföllerwiesen, am Georg-Gaßmann-Stadion oder am Aquamar
- weiterer Ausbau des E-Bike-Leihsystems
- Einrichtung von Ladezonen in Innenstadtbereichen
- mehr Parkverbote in Kreuzungsbereichen zur Erhöhung der Sicherheit
- Umkehr der Regelgeschwindigkeit innerorts, nur auf ausgewählten Straßen darf schneller als 30 km/h gefahren werden
- verstärkte Kontrollen von Polizei und Ordnungsamt an stark frequentierten Verkehrsbereichen
- Konzipierung von Quartiersgaragen zur Reduzierung des ruhenden Verkehrs im öffentlichen Raum
- Ablehnung einer Westumfahrung Marburgs, Ablehnung des diskutierten Behring-Tunnels
- Entlastung City durch Abstufung von Deutschhaus- und Biegenstraße als städtische Hauptverkehrsstraßen
- Deutschhausstraße und Teile der Biegenstraße werden Einbahnstraße - Gegenfahrbahn bekommen Radler und ÖPNV
- Durchfahrten werden erschwert zum Beispiel durch Unterbrechung Am Grün zwischen Schul- und Jägerstraße, optional Sperrung mittlere Gutenbergstraße
- im Südviertel: Prüfung von Einbahnstraßenregelung und Rückbau öffentlicher Kurzzeitparkplätze (v.a. in den inneren Bereichen)
- Verlagerung von Straßenparken in die Parkhäuser: Straßenparken soll teurer als Bustickets sein
Das sagen die Marburger zum neuen Verkehrskonzept
Wie finden die Menschen in Marburg das neue Verkehrskonzept? Am FFH-Mikro berichten einige unserer FFH-Reporterin von Vorfreude, andere aber sind skeptisch.
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Ich bin den ganzen Tag mit dem Fahrrad unterwegs und denke einfach, wir haben in Marburg viele Fahrradwege, die man jetzt nicht noch zusätzlich neu bauen muss. Ich finde das natürlich super. Ich gehöre zu den Unterstützern von dem Konzept. Also ich komme von außerhalb und dafür ist es nicht so cool, weil man kann ja nirgendwo mehr parken. Also für die Menschen hier in Marburg ist es, glaube ich, ganz schön, aber für die Leute außerhalb, ich glaube, dann würde man eher woanders hinfahren. Also ich benutze kein Auto hier. Ich finde die Busanbindung dann auch sehr gut, aber ich komme auch hier aus der Oberstadt, deswegen passt das dann für mich auch.
Mehr Raum für Fahrradfahrer
Wer in Marburg künftig mit dem Rad unterwegs ist, soll sich durch "Move 35" sicher fühlen und unfallfrei unterwegs sein können. Die Radwege sollen zu diesem Zweck ausgebaut werden und dann sicher befahrbar und durchgängig sein. Momentan fehle häufig die Infrastruktur, um mit dem Rad sicher von A nach B zu kommen.
Übergeordnetes Ziel bleibt der Klimaschutz
Der Umweltverbund soll also als attraktive Alternative zum PKW ausgebaut und verbessert werden. Außerdem sollen Marburgs Straßen mit entsprechender Begrünung an das veränderte Klima angepasst werden. Die Temperaturen sollen durch Bäume und Sträucher, entlang der Straßen und Wege, gesenkt werden. Insgesamt soll durch ein angenehmeres Klima in der Stadt das Wohlbefinden der Bürger und Bürgerinnen verbessert werden.