Nach dem Reifenwechsel - Kunden müssen Radmuttern nicht nachziehen
Jeder, der schon mal die Reifen beim Auto hat wechseln lassen kennt den Hinweis: "Radmuttern nach 50 Kilometern nachziehen". Doch muss man was wirklich tun? Die Gerichte und der ADAC sagen: "Nein". Es schadet aber auch nichts.
Es steht auf der Rechnung, man bekommt es gesagt und häufig klebt auch noch ein auffälliger Sticker irgendwo im Auto: Der dringende Hinweis, man möge doch bitte nach erfolgtem Reifenwechsel (nach einer bestimmten Anzahl von Kilometern) die Radmuttern noch einmal nachziehen. Auch der Reifenhersteller Continental schreibt auf seiner Internetseite: "Ein Nachziehen der Radmuttern ist jedoch notwendig. Dies liegt daran, dass die Radmuttern typischen Belastungen und Kräften ausgesetzt sind, die mit dem täglichen Betrieb des Fahrzeugs einhergehen. [...] Diese Belastungen können sich darauf auswirken, wie fest die Radmuttern sitzen, was zur Folge haben kann, dass sie sich weiter festziehen oder lockern."
Räder müssen halten
Klar ist: Eine solche Überprüfung kann helfen, eine schlampige Arbeit der Werkstatt zu bemerken, bevor es zu schlimmen Folgen kommt. Allerdings sind wir Autofahrer nicht dazu verpflichtet, dies auch zu tun – selbst wenn die Werkstatt einen darauf hinweist, sagt Cornelius Blanke vom ADAC im FFH-Interview. Denn ordnungsgemäß montierte Räder müssen halten, auch ohne dass die Radmuttern noch einmal nachgezogen werden.
Tun sie das nicht, dann hat die Werkstatt oder der Reifenhändler die alleinige Schuld daran. Das hat das Oberlandesgericht München im Jahr 2021 entschieden. Damals hatte sich bei einem Autofahrer nach etwa 100 Kilometer ein Rad gelöst, es kam zu einem Unfall. Für den entstandenen Schaden musste die Werkstatt aufkommen.
Gericht: Kunden müssen sich auf die Arbeit der Werkstatt verlassen können
Die Argumentation des Gerichts: Als Kunde müsse man sich darauf verlassen können, dass eine Fachwerkstatt ihre Arbeit auch entsprechend korrekt ausführt.
Auch sei es nicht zulässig, dass die Werkstatt mit diesem Hinweis den Kunden dazu verpflichtet "die Ordnungsmäßigkeit der Werkleistung (nach der Abnahme) nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls selbst tätig zu werden, um die mangelhafte Werkleistung des Unternehmers nachzubessern."
Warum sagen Werkstätten, dass man die Radmuttern nachziehen muss?
Bleibt noch die Frage: Warum geben Werkstätten und Reifenhändler ihren Kunden trotzdem noch den Hinweis mit, dass die Radmuttern nachgezogen werden müssen? Cornelius Blanke vom ADAC formuliert es so: "Weil man [als Kunde] dann auf Nummer sicher gehen will und entweder nochmal vorbeifährt und nochmal nachziehen lässt oder es selbst macht. Dann hat man die doppelte Sicherung. Das ist so eine kleine Geschichte, die sich der Fachhandel hat einfallen lassen – und dagegen ist auch nichts zu sagen." Im Endeffekt geht es also darum, dass damit fehlerhafte Arbeit in der Werkstatt vielleicht noch rechtzeitig erkannt werden kann. Denn auch wenn die Werkstatt rein rechtlich in der Schuld steht, bringt einem das natürlich wenig, wenn man bei einem Unfall in Mittleidenschaft gezogen wird.