Hessen-Grüne haben neue Führung - Weibliche Doppelspitze Lührmann/Frank
Hessens Grüne haben drei Wochen nach der Enttäuschung bei der Bundestagswahl auf ihrem Parteitag in Marburg eine neue Doppelspitze gewählt.
Bundestagsabgeordnete Anna Lührmann und Julia Frank aus Frankfurt bilden das neue Führungsduo. Lührmann sagte, sie freue sich darauf, die Grünen in den kommenden Jahren in Hessen zu einer "superstarken Bewegung" zu machen.
600 Delegierte in Marburg
Mehr als 600 Mitglieder hatten sich für das Treffen im historischen Lokschuppen in Marburg angemeldet. Die Bundestagsabgeordnete und (Noch-)Staatsministerin für Europa im Auswärtigen Amt wurde mit rund 88 Prozent und viel Applaus gewählt. Julia Frank, bisher an der Spitze des Grünen-Kreisverbands Frankfurt, erhielt 66 Prozent. Lührmann warb in ihrer Rede für Macht, Einfluss und eine starke grüne Bewegung. Frank sagte, der ländliche Raum müsse gestärkt werden.
Nouripour will Vizepräsident im Bundestag werden
Ein Grünen-Politiker aus Hessen strebt außerdem nach einem neuen Spitzenposten auf Bundesebene: Der Frankfurter Omid Nouripour will neuer Bundestags-Vizepräsident werden. Das hat er am Mittag beim Parteitag in Marburg gesagt. Aber die bisherige Amtsinhaberin Katrin Göring-Eckardt würde ihren Posten gerne behalten. Sie begründete ihre Bewerbung unter anderem mit ihrer Herkunft aus Ostdeutschland. "Wir sollten als Partei und Fraktion diesen Teil unseres Landes nicht den rechten Scharfmachern überlassen", betonte sie.
Bundesvorsitzende Brantner hält Rede
Die Bundesvorsitzende Franziska Brantner sagte bei ihrer Rede, die Grünen würden im Bund in der Opposition als Kraft des Fortschritts und als Stabilitätsanker gebraucht. Die Partei habe ein klares Zukunftskonzept und halte Kurs bei Klimaschutz, Generationengerechtigkeit, und bei Freiheit und Frieden in Europa, sagte Brantner.
Kritik an CDU
Erst am Vortag hatten sich CDU, SPD und Grüne auf das geplante Multimilliarden-Finanzpaket für Verteidigung, Infrastruktur und Klimaneutralität geeinigt. Dem CDU-Chef und möglichen neuen Bundeskanzler Friedrich Merz warf Brantner vor, er habe ihrer Partei einen unausgegorenen Gesetzentwurf vorgelegt, "mit dem sich CDU, CSU und SPD das Spielgeld für Steuergeschenke und Klientelpolitik zuschanzen wollten". In harten Verhandlungen hätten die Grünen unter anderem erreicht, dass Verteidigung und Sicherheit künftig umfassender definiert würden, "dass es eben nicht nur um Panzer geht, sondern auch Cybersicherheit", so Brantner.
Handschrift der Grünen
Das Thema Klimaschutz sei "eine totale Leerstelle" bei der "KleiKo" - also bei der "Kleinen Koalition", wie die Grünen Schwarz-Rot nennen - gewesen. Auch darin, dass nun 100 Milliarden Euro aus dem Sondertopf in den Klima- und Transformationsfonds fließen sollen, zeige sich die Handschrift der Grünen. "Am Geld kann der Klimaschutz der Kleiko jetzt nicht mehr scheitern, sondern nur noch am politischen Willen", sagte Brantner.
In Hessen in der Opposition
Bei der Bundestagswahl haben die Grünen 11,6 Prozent der Stimmen geholt - 3,1 Punkte weniger als 2021. Die Partei hatte mindestens wieder auf eine Regierungsbeteiligung in Berlin gesetzt - eine Hoffnung, die sich zerschlagen hat. In Hessen sitzen die Grünen schon etwas länger auf der Oppositionsbank: Seit Januar 2024 regiert hier Schwarz-Rot - was nun auch im Bund erwartet wird.
Rücktritt vor Weihnachten
Kurz vor Weihnachten 2024 war die hessische Co-Vorsitzende der Grünen, Kathrin Anders, überraschend zurückgetreten - wegen einer aus ihrer Sicht unzureichenden Aufarbeitung einer angeblichen Parteispendenaffäre bei Reisen des anderen Landesvorsitzenden Andreas Ewald nach Israel und in die USA. Auch der übrige Landesvorstand hat in dieser Debatte seinen Rücktritt angekündigt - wirksam allerdings erst zum jetzigen Parteitag.
Vorermittlungen bei Staatsanwaltschaft
Die Bundestagsverwaltung hat Ewalds Reisefinanzierungen unter die Lupe genommen - und wiederholt Entwarnung gegeben. Bei der Staatsanwaltschaft Wiesbaden dauern die entsprechenden Vorermittlungen noch an.
Grüne haben Zulauf
Rund 13.150 Mitglieder zählen die Grünen nach eigener Aussage gegenwärtig in Hessen - fast 1.500 mehr als zu Beginn dieses Jahres.
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