Prozess gegen Lina E.: Proteste und Ausschreitungen nach Urteil
Prozess gegen Lina E. - Zahlreiche Proteste nach Urteil
Die als linke Gewalttäterin zu fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilte Lina E. kommt nach zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft vorerst frei. Der Haftbefehl gegen sie werde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt, sagte Hans Schlüter-Staats, Vorsitzender Richter der Staatsschutzkammer am Oberlandesgericht Dresden zum Abschluss der Urteilsbegründung.
Sympathisanten aus der linken Szene hatten in mehreren Städten gegen das Urteil protestiert. Dabei kam es am Mittwochabend teilweise zu Ausschreitungen und Zusammenstößen. In Leipzig wurde eine Versammlung nach Angaben eines Polizeisprechers für beendet erklärt, nachdem Flaschen und Pyrotechnik in Richtung der Beamten geworfen worden seien.
Pyrotechnik, Barrikaden und Böller
In Leipzig war nach Eindrücken einer dpa-Reporterin nach dem Urteil ein hohes Aggressionspotenzial zu spüren. Demonstrantinnen und Demonstranten riefen polizeifeindliche Sprüche, es wurde Pyrotechnik gezündet, Polizisten wurden mit Böllern beworfen.
Ein Polizeisprecher sagte, es habe aus mehreren Gruppen heraus Straftaten gegeben. Demonstranten hätten zum Beispiel Barrikaden errichtet und Beamte mit Steinen, Flaschen und Pyrotechnik beworfen. Vier Einsatzkräfte seien leicht verletzt worden, teilte die Polizei in der Nacht mit. Festnahmen habe es nicht gegeben.
Haftbefehl unter Auflagen außer Vollzug
Die Reststrafe muss sie erst verbüßen, falls das Urteil rechtskräftig wird.Sie muss sich nun zweimal wöchentlich bei der Polizei melden, darf den in der Akte vermerkten Wohnsitz nur mit Zustimmung des Gerichts wechseln und muss nach ihrem Reisepass auch den Personalausweis abgeben. Das Oberlandesgericht hatte die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextreme verurteilt. Es ließ Revision zu.
Fünf Jahre und drei Monate Haft
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Dresden gehörte Lina E. einer Gruppe an, die Überfälle auf Mitglieder der rechten Szene begangen hat. Drei weitere Beschuldigte standen ebenfalls vor Gericht, auch sie müssen für mehrere Jahre ins Gefängnis. Die Bundesanwaltschaft warf ihnen vor, zwischen 2018 und 2020 Leute aus der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach brutal zusammengeschlagen zu haben. Lina E. galt als Kopf der Gruppe, die als kriminelle Vereinigung gehandelt haben soll.
Mitgliedschaft in krimineller Vereinigung
Davon war auch Staatsschutzkammer am Oberlandesgericht Dresden überzeugt. Vor Gericht hieß es: Die 28 Jahre alte Studentin und ein gleichaltriger Mitangeklagter seien der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung schuldig; ein 37-Jähriger und ein weiterer 28-Jähriger wegen deren Unterstützung.
Verteidigung forderte Freispruch
Die Anklage beantragte für die 28 Jahre alte Studentin aus Kassel acht Jahre Haft. Die drei Männer im Alter von 28 bis 37 Jahren wurden zu Haftstrafen zwischen zwei Jahren und fünf Monaten und drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Verteidigung kritisierte das Verfahren als "politischen Prozess" und verlangte Freisprüche.
Anhänger stören Urteilsverkündung
Zur Urteilsverkündung wurde besonders Lina E. von Angehörigen und Anhängern im Saal mit tosendem Beifall, stehenden Ovationen und Sprechchören empfangen und minutenlang gefeiert. Zur Verkündung des Strafmaßes protestierten sie, Zuschauer beschimpften das Gericht. Der Vorsitzende Richter unterbrach die Verhandlung, weil Zuschauer "Faschofreunde" und "Scheiß Klassenjustiz" skandierten. Vor dem Gerichtsgebäude am Stadtrand, in dem sich der Hochsicherheitssaal von Sachsens Justiz befindet, demonstrierten mehrere Dutzend Anhänger und bekundeten Solidarität mit Lina E.