Grüne raufen sich zusammen - Nachbesserungen bei Asyl-Kompromiss nötig
Die Grünen haben bei einem kleinen Parteitag ihre Marschroute für die weiteren europäischen Verhandlungen zum EU-Asylrecht festgelegt.
Eine deutliche Mehrheit der rund 100 Delegierten stellte sich im hessischen Bad Vilbel hinter einen Antrag des Bundesvorstandes zur Asylpolitik, in den zuvor allerdings zahlreiche Änderungen von Kritikern der Entscheidung der EU-Innenminister integriert worden waren. Beispielsweise sollen Familien mit Kindern grundsätzlich nicht in Asyl-Schnellverfahren an den EU-Außengrenzen kommen. EU-Staaten sollen nicht zur Durchführung solcher Grenzverfahren verpflichtet werden.
EU-Innenminister hatten Asylreform beschlossen
Die EU-Innenminister hatten am 8. Juni mit deutscher Zustimmung - und damit auch mit Genehmigung von Spitzen-Grünen - Pläne für eine weitreichende Asylreform beschlossen. Vorgesehen sind zahlreiche Verschärfungen, um irreguläre Migration zu begrenzen - insbesondere aus Ländern, die als relativ sicher gelten.
Drastische Verschärfungen geplant
Asylanträge von Migranten, die aus Herkunftsländern mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent stammen, sollen bereits an den EU-Außengrenzen innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden. In dieser Zeit will man die Schutzsuchenden verpflichten, in streng kontrollierten Aufnahmeeinrichtungen zu bleiben. Wer keine Chance auf Asyl hat, soll umgehend zurückgeschickt werden. Denkbar ist, dass das EU-Parlament noch Änderungen durchsetzt. Es hat bei der Reform ein Mitspracherecht.
Grüne fordern Nachbesserungen
"Wir wollen ein effektives Menschenrechtsmonitoring an den Außengrenzen und eine verbindliche Verteilung in den Mitgliedsstaaten", heißt es in dem Beschluss, den die Delegierten der Grünen bei ihrem Länderrat in Hessen fassten. "Dafür werden wir in enger Abstimmung zwischen Europafraktion, Bundestagsfraktion, Bundespartei und Regierungsmitgliedern kämpfen. Auch das Ergebnis werden wir gemeinsam bewerten." Wie man sich am Ende positioniere, werde davon abhängen, "ob unter dem Strich Verbesserungen in der Europäischen Asylpolitik und auch für Europa stehen".
Diskussion ja, aber keine persönlichen Angriffe
Die Delegierten diskutierten intensiv, aber ohne persönliche Angriffe. Außenministerin Annalena Baerbock verteidigte ihre Zustimmung zu der Entscheidung und versuchte, ihre Abwägungen zu erklären. "Auch mich hat es zerrissen", sagte sie. Immerhin habe man nun eine Einigung gefunden, die eine bessere Verteilung von Schutzsuchenden in Europa bedeuten würde. Auch Kritiker dieser Einigung bemühten sich, die Kritik in der Sache von den handelnden Personen zu trennen. Der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt betonte: "Wir haben alle Vertrauen in unser Führungspersonal." Man müsse aber realistisch sein. Die Grünen bestimmten derzeit nicht die Debatte.
Bundesregierung muss am Ende zustimmen
Für den Moment ist die Partei wieder mit sich versöhnt. Die Asylpolitik wird die Grünen allerdings wieder einholen, wenn die weiteren Verhandlungen auf europäischer Ebene in Gang kommen - und sich die Bundesregierung am Ende zu einem aus grüner Sicht womöglich unbefriedigenden Ergebnis verhalten muss.