Tödliche Amokfahrt in Mannheim - Haftbefehl wegen Mordes erlassen
Die Ermittler sind sich sicher: Der Todesfahrer von Mannheim hat mit Absicht Menschen in der Innenstadt umgefahren. Unter anderem wegen Mordes ist er nun in U-Haft. Die Stadt gedenkt der Opfer.
Nach der Todesfahrt von Mannheim ist Haftbefehl wegen zweifachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes gegen den 40 Jahre alten Autofahrer erlassen worden. Bei seiner Vorführung beim Haftrichter habe er keine Angaben gemacht, so dass sein Motiv für die Tat weiterhin unklar sei, teilten die Staatsanwaltschaft Mannheim und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mit.
Ermittler: Absichtliche Fahrt durch die Fußgängerzone
Die Ermittler sind überzeugt, dass der Deutsche aus Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) am Rosenmontag mit seinem Wagen mit hoher Geschwindigkeit Hunderte Meter weit durch die Mannheimer Fußgängerzone gerast und absichtlich auf Menschen zugefahren ist. Eine 83-jährige Frau und ein 54-jähriger Mann kamen ums Leben. Elf Menschen wurden verletzt, fünf von ihnen schwer.
Halter des Fahrzeugs
Nach der Autoattacke war der Mann verletzt in ein Krankenhaus gekommen. Bei seiner Festnahme soll er sich mit einer Schreckschusspistole in den Mund geschossen haben. Das Auto ist auf ihn zugelassen - nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ist er der Halter des Fahrzeugs.
Haftbefehl wegen Mordes
Im Auftrag der Staatsanwaltschaft Mannheim sei Haftbefehl wegen Mordes in zwei Fällen, versuchten Mordes in fünf Fällen jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung in elf Fällen erlassen worden, hieß es von der Anklagebehörde.
Wohl kein politischer Hintergrund
Das Landeskriminalamt habe mit der Staatsanwaltschaft Mannheim die Ermittlungen übernommen, teilten die Ermittler mit. Sie gehen aktuell nicht von einem politischen Hintergrund aus. Der mutmaßliche Täter soll stattdessen psychisch krank sein. Oberstaatsanwalt Romeo Schüssler sagte im Gespräch mit FFH, dass er bereits in der Vergangenheit mehrmals in Behandlung war. Er sei außerdem vorbestraft und sei im Jahr 2018 wegen eines rechten Kommentars bei Facebook angezeigt worden. Aktuell gehe man aber nicht davon aus, dass die Tat damit etwas zu tun hat.
Ermittler durchsuchen Wohnung des Festgenommenen
Die Ermittler haben bis in die späten Abendstunden des Rosenmontags die Wohnung des Festgenommenen durchsucht. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wurden einige nicht näher erläuterte Dinge sichergestellt, die jetzt erst noch ausgewertet werden sollen.
Zettel im Auto entdeckt
Auch ein im Auto des Todesfahrers entdeckter Zettel beschäftigt die Ermittler. Auf diesen sind Bleistiftskizzen zu sehen. Notiert sind demnach in etwas krakeliger Schrift Geschwindigkeit und Fahrt. Die Ermittler müssen jetzt prüfen, inwieweit diese Aufzeichnungen relevant sind für die Aufklärung der Tat.
Mannheim unter Schock
Auch am Morgen nach der Todesfahrt ist das Entsetzen in Mannheim groß. Die Stadt kommt nicht raus aus dem Schock und der Trauer, sagen heute früh viele unserem Reporter vor Ort.
Auto raste in Menschenmenge
Nach Augenzeugenberichten soll der Verdächtige mit seinem Wagen vom Friedrichsring kommend in die Planken gerast sein und auf Höhe des Paradeplatzes mehrere Passanten an- oder umgefahren haben. Auf den Planken und rund um den Wasserturm findet derzeit ein Fasnachtsmarkt mit Dutzenden Imbissbuden und Fahrgeschäften statt.
Hinweistelefon der Polizei
Die Polizei hat ein Hinweistelefon eingerichtet. Die Nummer lautet 0800/503503555.
Was wir wissen und was nicht
Was wir bisher wissen
Der Tatort: Der Vorfall ereignete sich nach Polizeiangaben am zentralen Paradeplatz in der Innenstadt von Mannheim. Die Stadt ist mit rund 320.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Baden-Württembergs.
- Der Täter: Der mutmaßliche Fahrer ist festgenommen worden. Bei seiner Festnahme soll er sich mit einer Schreckschusspistole in den Mund geschossen haben. Er ist demnach deutscher Staatsbürger, 40 Jahre alt und kommt aus Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz.
- Vorstrafen: Der Mann ist mehrfach vorbestraft. Der Staatsanwalt berichtet von einer Körperverletzung, für die er vor mehr als zehn Jahren eine kurze Freiheitsstrafe verbüßt habe, außerdem habe es einen Fall von Trunkenheit im Verkehr gegeben. Bei der letzten Tat handle es sich um ein Hassrede-Delikt aus dem Jahr 2018: Damals sei der Mann für einen Facebook-Kommentar zu einer Geldstrafe verurteilt worden.
- Mittäter: Die Polizei geht nicht von Mittätern aus. Ein Polizeisprecher sagt, es gebe keine weitere konkrete Gefährdungslage in Mannheim, nur eine abstrakte.
- Opfer: Bei der Todesfahrt starben eine 83-jährige Frau und ein 54-jähriger Mann. Elf Menschen wurden der Polizei zufolge verletzt, mehrere von ihnen schwer. Alle Verletzten wurden ins Krankenhaus gebracht.
- Zum Hintergrund: Ermittler gehen nicht von einem politischen Hintergrund aus. Das teilte die Polizei in Mannheim mit. Laut Staatsanwaltschaft gebe es Hinweise auf eine psychische Erkrankung des mutmaßlichen Täters.
Was wir nicht wissen
- Zum Autofahrer selbst: Die Polizei prüft den Hintergrund des mutmaßlichen Täters.
- Motiv: Auch wenn die Todesfahrt keinen politischen Hintergrund hat, gehen die Ermittler dem Motiv des Verdächtigen auf den Grund. Laut Staatsanwaltschaft gebe es Hinweise auf eine psychische Erkrankung des mutmaßlichen Täters.
Der Morgen nach der Todesfahrt in Mannheim
Reaktionen
Mehrere Städte sagen Fastnachtsumzüge ab
Der für diesen Dienstag geplante Heidelberger Fastnachtszug ist wegen der Todesfahrt in Mannheim abgesagt worden. Das teilte die Stadt mit. Die im Heidelberger Karneval Komitee zusammengeschlossenen Vereine und die Stadt hätten sich in einer Krisensitzung darauf verständigt. Der Schritt sei auch mit Städten und Gemeinden im Umland abgestimmt, die am Dienstag Umzüge geplant hatten. Auch in Lampertheim fällt der Umzug heute aus und die Stadt Weinheim hat den Marktplatzfasching aus Pietätsgründen abgesagt.
Steinmeier drückt Mitgefühl aus
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier drückte den Angehörigen der Opfer sein tiefes Mitgefühl ausgedrückt. "Ich verfolge die Entwicklung in Mannheim, soweit das hier möglich ist, sehr aufmerksam", sagte Steinmeier zum Beginn einer Pressekonferenz mit dem Präsidenten Paraguays in der Hauptstadt Asunción. "Es ist furchtbar, was sie durchmachen müssen."
Auch Merz und Scholz reagieren
Ähnlich äußerten sich Bundeskanzler Olaf Scholz und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Scholz schrieb auf X: "Erneut trauern wir mit den Angehörigen der Opfer einer sinnlosen Gewalttat und bangen um Verletzte. Damit können wir uns nicht abfinden." CDU-Chef Merz erklärte ebenfalls auf X: "Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Der Vorfall – wie auch die schrecklichen Taten der vergangenen Monate – mahnt uns eindringlich: Wir müssen alles tun, um solche Taten zu verhindern." Deutschland müsse wieder ein sicheres Land werden.
Hessens Innenminister bestürzt
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) hat sich "traurig und bestürzt" über den tödlichen Vorfall in Mannheim gezeigt. "Meine Gedanken und mein Mitgefühl sind aktuell bei den Opfern und ihren Angehörigen", sagte Poseck. Es gelte nun, die weiteren Ermittlungen zu den Hintergründen abzuwarten. "Bislang gehe ich nicht davon aus, dass dieses schreckliche Ereignis zu einer Neubewertung der Sicherheitslage in Hessen, auch mit Blick auf die aktuellen Faschingsveranstaltungen, führt", so der Innenminister.
Macron sichert Solidarität zu
Nach der Todesfahrt in der Mannheimer Innenstadt hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Beistand seines Landes versichert. "An alle Menschen in Mannheim, insbesondere an die Angehörigen der Opfer dieser Gewalttat, an das deutsche Volk. Frankreich steht an Ihrer Seite", schrieb Macron auf X. Der französische Staatschef veröffentlichte die Nachricht sowohl auf Französisch als auch auf Deutsch.
Anschläge in den vergangenen Wochen
In den vergangenen Wochen hatte es mehrere Anschläge gegeben, bei denen Fahrzeuge in eine Menschenmenge gefahren waren. Im Dezember kamen in Magdeburg sechs Menschen ums Leben, als ein inzwischen 50 Jahre alter Arzt über den Weihnachtsmarkt gerast war. Mitte Februar war ein Mann mit seinem Fahrzeug in eine Gruppe von Demonstranten in München gefahren. Dabei kamen eine junge Frau und ein Kind ums Leben.
Angriff in Mannheim Ende Mai
Ende Mai vergangenen Jahres hatte zudem auf dem Mannheimer Marktplatz der mutmaßliche Islamist Sulaiman A. fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bürgerbewegung Pax Europa (BPE) sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der 29 Jahre alte Polizist Rouven Laur erlag später seinen Verletzungen. Ein anderer Beamte schoss den Angreifer nieder.