CDU-Ministerliste steht fest - 4 Hessen im Regierungs-Team von Merz
Eine politisch erfahrene Expertin aus der Energiewirtschaft, bekannte Bundespolitiker, Fachkompetenz aus den Ländern: Gut eine Woche vor der geplanten Wahl zum Kanzler stellt CDU-Chef Friedrich Merz den Spitzen seiner Partei in Berlin das Tableau der CDU-Ministerinnen und -Minister eines künftigen schwarz-roten Kabinetts vor. Unter den Namen finden sich auch drei gebürtige Hessen.
Neben etlichen bekannten Gesichtern gibt es zwei größere Überraschungen.
Vier Hessen in Schlüsselpositionen
Unter den Ministern, Staatsministern und Staatssekretären der CDU finden sich auch drei gebürtige Hessen: Karsten Wildberger aus Gießen (Digitalminister), Wolfram Weimer aus Gelnhausen (Staatsministers für Kultur und Medien), Michael Meister aus Bensheim (Staatsminister für Bund-Länder-Zusammenarbeit) und Michael Brand aus Fulda (Staatssekretär im Bildungsministerium).
Mit diesem Team will Merz Deutschland nach der gescheiterten Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP wieder auf Kurs bringen:
KANZLERAMT
Thorsten Frei: Engster Merz-Vertrauter wird Kanzleramtschef
In den Ampel-Jahren ist der 52-Jährige als Manager der Unionsfraktion einer der wichtigsten Vertrauten von Merz geworden. Er gilt als akribischer Arbeiter und in so gut wie allen wichtigen politischen Themen sattelfest. Seit 2013 sitzt der eloquente Jurist im Bundestag, er ist gefragter Gast in Talkshows.
Kritik an fehlender Regierungserfahrung
Im Kanzleramt soll Frei künftig für seinen Chef Fallstricke aus dem Weg räumen, einen reibungslosen Regierungsablauf sichern und Kontakt zu den Ländern halten. Kritiker bemängeln, dem verheirateten Vater dreier Kinder fehle Regierungserfahrung. Das politische Handwerk hat Frei in seinem Heimatland gelernt: Von 2002 bis 2004 war er Regierungsrat im Staatsministerium Baden-Württemberg, von 2004 bis 2013 Oberbürgermeister von Donaueschingen.
AUSSENMINISTERIUM
Johann Wadephul: Norddeutscher mit Faible fürs Internationale
Es wirkte schon länger so, als würde sich der 62-Jährige für die Nachfolge von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warmlaufen. Zuletzt besuchte er die Außenminister Frankreichs, Polens und deren Kollegen aus Italien und Großbritannien. Mit dem gebürtigen Husumer und verheirateten Vater dreier Kinder stellt die CDU erstmals seit fast 60 Jahren wieder den Außenminister.
Bundestagsabgeordneter seit 2009
Seit 2009 sitzt der Jurist und Ex-Zeitsoldat im Bundestag, er gilt als Vertrauter von Merz. Dieser dürfte hoffen, im Gleichklang mit Wadephul Außenpolitik machen zu können - anders als bei der Ampel, wo sich Baerbock gerne mit einem eigenständigen Kurs von Kanzler Olaf Scholz (SPD) absetzte. Privat bezeichnet sich der Schleswig-Holsteiner als Familienmensch - er hat seine Schulfreundin geheiratet.
DIGITALISIERUNG / STAATSMODERNISIERUNG
Karsten Wildberger: MediaMarktSaturn-Chef als erster Digitalminister
Mit Karsten Wildberger übernimmt ein Top-Manager das neue Digitalministerium. Als Vorstandschef des Ceconomy Konzerns (Düsseldorf) und Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding mit rund 1.000 Märkten in vielen Ländern bringt der 56-Jährige einschlägige Praxiserfahrung mit. In den vergangenen Jahren gehörte die digitale Transformation in Wirtschaft und Unternehmenswelt zum Kern seiner Tätigkeiten.
Erfahrung in der Wirtschaft
Internationale Führungspositionen bekleidete Wildberger auch bei T-Mobile, Vodafone und beim australischen Telekommunikationsunternehmen Telstar. Von 2016 bis Sommer 2021 war er dann beim Energiekonzern E.ON als Vorstandsmitglied für den digitalen Wandel zuständig. Unter seiner Führung hat Ceconomy als Elektronikmärkte-Betreiber das Online-Geschäft ausgebaut.
In Gießen geboren
Wildberg stammt aus Gießen, hat Physik in München und Aachen studiert und auch promoviert. Als Unternehmensberater der Boston Consulting Group hatte er zunächst Unternehmen in verschiedenen Branchen zu Fragen der Strategie und Digitalisierung beraten.
WIRTSCHAFT
Katherina Reiche: Steile Karriere in Politik und Wirtschaft
Die Nominierung der 51-jährigen Katherina Reiche als Wirtschaftsministerin ist eine Überraschung. 1998 war sie mit 25 Jahren in den Bundestag eingezogen, dem sie bis 2015 angehörte. Sieben Jahre davon war sie Parlamentarische Staatssekretärin, saß auch im CDU-Bundesvorstand. Die geborene Brandenburgerin gilt als selbstbewusst und ehrgeizig - und ist bestens vernetzt.
Bundestagsabgeordnete unter Merkel bis 2009
Von 2005 bis 2009 war Reiche stellvertretende Chefin der Unionsfraktion. Sie warb für neue Atomkraftwerke und warnte, Deutschland dürfe nicht sehenden Auges in eine Energiekrise hineinlaufen. Die Diplom-Chemikerin wechselte 2015 zum Verband kommunaler Unternehmen, der viele Stadtwerke vertritt. Fünf Jahre später übernahm sie den Vorsitz des Energieversorgers Westenergie.
VERKEHR
Patrick Schnieder: Erfahrener Parlamentarier
Der designierte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder ist seit 2009 Mitglied des Bundestags. Der 56-Jährige hat den Wahlkreis Bitburg direkt gewonnen. In der vergangenen Legislaturperiode war der Jurist Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion - und damit Mitglied des Führungskreises um Fraktionschef Merz. Schnieder war daneben unter anderem auch stellvertretendes Mitglied im Verkehrsausschuss.
Hoheit über milliardenschweres Infrastruktur-Sondervermögen
In seiner künftigen Position dürfte er eine Schlüsselrolle haben bei der Umsetzung des riesigen Sondervermögens für Infrastruktur. Ein großer Teil des 500 Milliarden Euro schweren Sondertopfs dürfte in den Verkehr fließen, um marode Brücken und das Schienennetz zu sanieren.
GESUNDHEIT
Nina Warken: Innenpolitikerin auf neuem Feld
Gesundheitsministerin soll überraschend die CDU-Bundestagsabgeordnete Nina Warken werden. An den Koalitionsverhandlungen war sie noch in der Arbeitsgruppe Inneres, Recht und Migration beteiligt. Im Bundestag saß die Parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion auch im Ältestenrat.
Keine Erfahrung im Gesundheitswesen
Jahrzehntelange Erfahrungen im Gesundheitswesen wie der scheidende Minister Karl Lauterbach (SPD) hat die Juristin nicht gesammelt. Die 45-Jährige ist CDU-Generalsekretärin in Baden-Württemberg - und Hobby-Tennisspielerin.
BILDUNG / FAMILIE
Karin Prien: Meinungsstarke Juristin aus dem Norden
CDU-Bundesvize Karin Prien gilt als eine der profiliertesten Bildungspolitikerinnen in der Union. Seit 2017 ist sie Bildungsministerin in Schleswig-Holstein. Sie ist stellvertretende CDU-Landeschefin, seit 2022 zudem stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU. Prien ist meinungsstark und scheut keine Debatte.
Hamburgerin mit niederländischen Wurzeln
Vor ihrer Zeit im nördlichsten Bundesland war die Rechtsanwältin sechs Jahre lang Mitglied der Hamburger Bürgerschaft. Prien lebt in Hamburg und hat drei Kinder. Die ehrgeizige Juristin ist leidenschaftliche Köchin. Ihre Familie war vor den Nazis in die Niederlande geflohen. Die 59-Jährige und ihr jüngerer Bruder wurden in Amsterdam geboren.
INNENMINISTERIUM (CSU)
Alexander Dobrindt: Scharfmacher und Brückenbauer
Der langjährige CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gilt als geschickter Wahlkampfmanager und Unterhändler. Der Öffentlichkeit ist der 54-Jährige dagegen eher als konservativer Scharfmacher und Ex-Verkehrsminister im Kabinett von Angela Merkel (CDU) bekannt. In den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD gelang es ihm nach Angaben von Teilnehmern vor allem in der kritischen Schlussphase, Brücken zu bauen und Kompromisse zu finden.
Wechsel ins Kabinett war länger ein offenes Geheimnis
Dobrindts Wechsel zurück ins Bundeskabinett war deshalb in den vergangenen Wochen immer wahrscheinlicher geworden. Dass er nun das wichtigste CSU-geführte Ministerium und damit einen zentralen Platz am Kabinettstisch übernimmt, ist deshalb wohl ein folgerichtiger Schritt. Das Amt des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur (2013 bis 2017) brachte ihm aber unter anderem wegen der umstrittenen PKW-Maut reichlich Kritik ein. Nun muss er als Innenminister zeigen, dass er den harten Unionskurs in der Asylpolitik auch umsetzen kann - keine einfache Aufgabe.
LANDWIRTSCHAFT (CSU)
Alois Rainer: Unerwarteter Karrieresprung zum Minister
Neuer Agrarminister soll demnach der CSU-Bundestagsabgeordnete Alois Rainer werden. Der 60-Jährige rückt damit vom Abgeordneten direkt zum Bundesminister auf. Im politischen Berlin indes ist sein Name manchen durchaus ein Begriff – als ein Teil eines der seltenen Geschwisterpaare in der Spitzenpolitik: Seine Schwester Gerda Hasselfeldt war einst Bau- und dann Gesundheitsministerin und schließlich viele Jahre lang Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag.
Reiner nur zweite Wahl für Söder
Reiner ist aber nur Söders zweite Wahl für den Ministerposten - bereits im Wahlkampf hatte er immer Bayerns Bauernpräsident Günther Felßner als seinen Wunschkandidaten benannt. Dieser hatte aber im März nach Protesten von Umwelt- und Tierschützern gegen seine Person aufgegeben. Felßner sah durch die Proteste die persönliche Sicherheit seiner Familie in Gefahr.
FORSCHUNG / TECHNOLOGIE / RAUMFAHRT (CSU)
Dorothee Bär: Aus Bayern ins Weltall
CSU-Vize Dorothee Bär soll in der neuen Bundesregierung das Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt übernehmen. Dies teilte Parteichef Markus Söder nach übereinstimmenden Informationen von Teilnehmern in einer Sitzung des CSU-Vorstands mit. Die 47-Jährige war bereits Digital-Staatsministerin unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Berufung von Bär nicht überraschend
Die Berufung Bärs kommt nicht überraschend. Sie hatte in den Koalitionsverhandlungen zum engsten CSU-Verhandlungsteam gehört. Bei der Bundestagswahl war Bär bundesweite Erststimmenkönigin geworden.
STAATSMINISTER und STAATSSEKRETÄRE
Gelnhäuser wird Staatsminister für Kultur und Medien
Neben den Bundesministerinnen und -ministern hat die CDU fünf Staatsminister benannt, die im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt tätig sein werden. Der wichtigste Posten ist der des Staatsministers für Kultur und Medien, der an den Verleger und Publizisten Wolfram Weimer geht. Der 60-Jährige stammt aus Gelnhausen
Güler im Auswärtigen Amt
Die türkischstämmige Bundestagsabgeordnete Serap Güler und der Parlamentarier Gunther Krichbaum bekommen Posten im Auswärtigen Amt.
Michael Meister aus Bensheim soll Kontakt zu Ländern halten
Für die Zusammenarbeit von Bund und Ländern holt sich Kanzler Friedrich Merz einen der erfahrensten Parlamentarier in Kanzleramt. Michael Meister gehört dem Bundestag seit mehr als 30 Jahren an und war schon Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium (2013 bis 2018) und im Bildungsministerium (2018 und 2021).
Schenderlein übernimmt Sport und Ehrenamt
Die kultur- und medienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christiane Schenderlein, wird im Kanzleramt für Sport und Ehrenamt zuständig sein. Sie war in den vergangenen Wochen auch als Kulturstaatsministerin im Gespräch.
Breher kümmert sich um Landwirtschaft
Die stellvertretende Parteivorsitzende Silvia Breher, die lange als Bundesministerin im Gespräch war, wird nur Parlamentarische Staatssekretärin im Agrarministerium.
Michael Brand aus Fulda wird Staatssekretär
Seit 2005 sitzt er für die CDU im Bundestag, jetzt rückt er an den Kabinettstisch: Michael Brand aus Fulda soll Staatssekretär im Bildungs- und Familienministerium werden.
Weitere Parlamentarische Staatssekretäre der CDU
Christoph de Vries (Innen), Gitta Connemann und Stefan Rouenhoff (beide Wirtschaft), Philipp Amthor und Thomas Jarzombek (beide Digitalisierung), Georg Kippels und Tino Sorge (beide Gesundheit), Mareike Wulf (Bildung/Familie), Christian Hirte (Verkehr), Matthias Hauer (Forschung).
Florian Hahn: Erster CSU-Politiker im Außenministerium
Als erster CSU-Politiker soll der Abgeordnete Florian Hahn, einer der Außen- und Verteidigungsexperten der Partei, Staatsminister im CDU-geführten Auswärtigen Amt werden. Die Personalie war insbesondere in der CSU sehr wohlwollend aufgenommen worden, "damit werde die Partei auch außerhalb des Landes noch sichtbarer und einflussreicher", hieß es aus dem Vorstand. Hahn ist 51 Jahre alt und seit 2009 Mitglied des Bundestags. Von 2019 bis 2022 war Hahn auch Vize-Generalsekretär der CSU. Anschließend wurde er zum ersten internationalen Sekretär der CSU berufen - ein repräsentatives Amt.
Ehemalige Drogenbeauftragte im Innenministerium
Innenstaatssekretärin wird die Rosenheimer CSU-Abgeordnete Daniela Ludwig. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in München aus CSU-Kreisen. Ludwig hat bereits Erfahrung mit einem Posten in der Bundesregierung. Von 2019 bis 2021 war sie Drogenbeauftragte in der Regierung von Angela Merkel (CDU).
Weitere CSU-Staatssekretäre
Als Staatssekretärin im neuen Raumfahrtministerium beruft die CSU die Abgeordnete Silke Launert. CSU-Agrarstaatssekretärin soll Martina Englhardt-Kopf werden. Der CSU-Abgeordnete Ulrich Lange wechselt ins CDU-geführte Verkehrsministerium.
UNIONSFRAKTIONSCHEF
Jens Spahn: Ex-Gesundheitsminister soll Unionsfraktion führen
Unter Angela Merkel war er Gesundheitsminister - nun soll er für Friedrich Merz die Unionsfraktion im Bundestag auf Linie halten: Jens Spahn. Der 44 Jahre alte Spahn ist seit mehr als 20 Jahren im Parlament. Zuletzt war er in der Oppositionszeit der Union nach der verlorenen Wahl 2021 einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Er engagierte sich vor allem in der Wirtschaftspolitik.
Umstrittene Aussagen zum Umgang mit der AfD
Als Gesundheitsminister in der Corona-Krise und zuvor als Parlamentarischer Finanz-Staatssekretär hat der Münsterländer einige Regierungserfahrungen. Minister wird er jetzt aber nicht. Zuletzt hatte Spahn mit umstrittenen Aussagen zum Umgang mit der AfD im Bundestag für viel öffentliche Kritik gesorgt.
KANZLERWAHL UND SPD-MINISTER
Kanzlerwahl für den 6. Mai geplant
Bevor die neuen Bundesminister offiziell ernannt und vereidigt werden können, muss zunächst CDU-Chef Friedrich Merz zum Bundeskanzler gewählt werden - das soll am 6. Mai geschehen. Voraussetzung dafür ist, dass ein kleiner Parteitag der CDU am Montag und die Mitglieder der SPD dem Koalitionsvertrag zustimmen. Die CSU hat dies bereits getan.
SPD-Minister noch nicht bekannt
Die SPD will ihre Minister erst nach dem Mitgliederentscheid bekanntgeben.