Junge in Sack erstickt: BGH hebt Hanauer Urteil gegen Sektenchefin auf
Vierjähriger in Sack erstickt - BGH hebt Urteil gegen Sektenchefin auf
Knapp ein dreiviertel Jahre nach dem Mordurteil des Landgerichts Hanau gegen eine mutmaßliche Sekten-Chefin im Prozess um einen in einem Sack erstickten Jungen hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Entscheidung aufgehoben. Mit einem am Montag bekannt gewordenen Beschluss sei das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückverwiesen worden, teilte das Landgericht Hanau mit.
Demnach hätte sich die Strafkammer aus Sicht der Bundesrichter eingehender mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob es sich "um eine Tötungshandlung durch aktives Tun oder eine solche durch Unterlassen handelte".
Schuldfähigkeit der Angeklagten erneut überprüfen
Darüber hinaus sei bei der Feststellung des angeblichen Tötungsvorsatzes der Angeklagten nicht ausreichend auf deren Vorstellungen vom Tatablauf eingegangen worden, hieß es in der Mitteilung. Stattdessen sei "unzulässig auf vorhergehendes Handeln - Anweisungen an die Mutter des Kindes - abgestellt worden, ohne gleichzeitig die zu diesem Zeitpunkt geltende innere Tatvorstellung zu beschreiben und beweismäßig zu belegen", befanden der BGH laut Mitteilung des Landgerichts. Die Bundesrichter hätten zudem gefordert, die Schuldfähigkeit der Angeklagten müsse erneut überprüft werden.
Lebenslange Haft wegen Mordes
Die mutmaßliche Sekten-Chefin war im September 2020 wegen Mordes an dem Kind vom Landgericht Hanau zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Sie hatte gegen das Urteil Revision eingelegt.
Aktuell Prozess gegen Mutter des Jungen
Vor dem Landgericht Hanau läuft seit Mitte September vergangenen Jahres ein Prozess gegen die Mutter des Vierjährigen, die ebenfalls wegen Mordes an dem Kind angeklagt worden war. Die Staatsanwaltschaft hatte der Deutschen vorgeworfen, den Jungen in einen Sack gesteckt, diesen oben zugeschnürt und in die Obhut der mutmaßlichen Sekten-Anführerin gegeben zu haben. Das Kind soll ohnmächtig geworden und an seinem Erbrochenen erstickt sein.
Kein dringender Tatverdacht gegen Mutter
Vor einigen Wochen hatte das Landgericht Hanau den Haftbefehl gegen die Frau außer Vollzug gesetzt, da nach derzeitigem Stand des Prozesses "kein dringender Tatverdacht mehr" bestehe für einen gemeinschaftlichen Mord. Auch für eine Beihilfe zum Mord gebe es "keine gewichtigen Anhaltspunkte". Der Prozess gegen die Frau wird an diesem Dienstag (24. Mai) fortgesetzt.