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Keine Taurus-Raketen: Scholz sagt Ukraine aber weitere Flugabwehr zu

Keine Taurus-Raketen - Scholz sagt Ukraine weitere Flugabwehr zu

© dpa

Vorerst keine Taurus-Marschflugkörper, dafür aber ein weiteres Flugabwehrsystem vom Typ Patriot: Das ist die Ansage von Bundeskanzler Olaf Scholz an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Der Ukrainer zeigt sich dennoch dankbar.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für die Wintermonate ein weiteres Flugabwehrsystem vom Typ Patriot zugesagt. "Das ist das, was jetzt am allermeisten notwendig ist", sagte der SPD-Politiker nach einem Treffen mit Selenskyj am Rande des Europa-Gipfels im spanischen Granada. Man müsse damit rechnen, dass Russland im Winter erneut versuchen werde, mit Raketen- und Drohnenangriffen Infrastruktur und Städte in der Ukraine zu bedrohen.

Selenskyj ist dankbar

Selenskyj schrieb über den Kurznachrichtendienst X, das Treffen mit Scholz sei fruchtbar gewesen. Er sei dankbar für Deutschlands Unterstützung für die Verteidigung der Freiheit der Ukraine und ihrer Menschen. Es gehe dabei auch um die Verteidigung Europas und die gemeinsamen Werte.

Keine Taurus-Marschflugkörper aus Deutschland

Kurz vor dem Treffen von Scholz und Selenskyj war bekannt geworden, dass Scholz trotz eindringlicher Bitten der Ukraine vorerst keine Taurus-Marschflugkörper in das Kriegsgebiet liefern will. Zu diesem Thema äußerte sich Selenskyj in seiner Nachricht nicht.

Lieferung aus Großbritannien und Frankreich

Großbritannien und Frankreich haben der Ukraine bereits Marschflugkörper der praktisch identischen Typen Storm Shadow und Scalp geliefert. Ende Mai fragte die Ukraine offiziell auch bei der Bundesregierung an, ob sie ihre Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern bereitstellen kann. Das ukrainische Militär benötigt die Raketen, um russische Stellungen weit hinter der Frontlinie angreifen zu können, die mit Artillerie nicht erreicht werden können.

Scholz war und ist skeptisch

Scholz stand einer Lieferung von Anfang an skeptisch gegenüber. Dahinter steckt die Befürchtung, dass wegen der großen Reichweite mit den Raketen auch russisches Territorium angegriffen werden kann. Trotzdem sah es zwischenzeitlich so aus, als könnte sich die Bundesregierung dafür entscheiden. Bei FDP und Grünen gibt es große Sympathien für einen solchen Schritt.

Auch USA haben bisher nicht geliefert

Aber auch die USA haben sich bisher nicht zu einer Lieferung ihrer Marschflugkörper vom Typ Atacms durchdringen können. Das dürfte Scholz in seiner skeptischen Haltung bestärkt haben. Bei allen qualitativ neuen Schritten bei der militärischen Unterstützung der Ukraine hat er sich bisher daran orientiert, was die USA tun.

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Andeutungen bereits im September

Schon beim letzten Treffen des Kanzlers mit Präsident Wolodymyr Selenskyj am Rande der UN-Vollversammlung in New York Mitte September zeichnete sich ab, dass es zunächst nicht zu einer Taurus-Lieferung kommen wird. Selenskyj habe sich für die deutsche Militärhilfe bedankt, insbesondere für die Artillerie und Luftverteidigung, hieß es in der deutschen Mitteilung nach dem Treffen. Von den Marschflugkörpern war keine Rede.

Großbritannien macht etwas, "was wir nicht dürfen"

Zuerst hatte die "Bild", berichtet dass es vorerst nicht zu einer Taurus-Lieferung kommen werde. Das sei Kiew deutlich gemacht worden. Den Angaben zufolge hat Scholz seine Begründung vergangene Woche in einer Sitzung des Auswärtigen Ausschusses geliefert. Mit Blick auf das Risiko einer Steuerung der Raketen auf russisches Territorium habe er gesagt, Großbritannien und Frankreich könnten etwas, "was wir nicht dürfen". Gemeint sei damit, dass Großbritannien und Frankreich Geodaten für Raketenziele selbst liefern - Großbritannien auch mit eigenem Personal vor Ort in der Ukraine.

Sorge vor Reichweite von Taurus-Marschflugkörpern

Zudem sollen deutsche Regierungsvertreter dem Bericht zufolge die Sorge geäußert haben, dass mit Taurus-Marschflugkörpern die Kertsch-Brücke zwischen dem russischen Festland und der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim getroffen werden könnte.

Keine formelle Entscheidung

Eine Regierungssprecherin erklärte zu den Berichten nur: "Zur Frage von Taurus-Marschflugkörpern gibt es keinen neuen Sachstand mitzuteilen." Gemeint ist: Es gibt keine formelle Entscheidung.Eine solcher Schritt würde auch Russlands Präsident Wladimir Putin in die Hände spielen. Er könnte sie als Bröckeln der westlichen Unterstützung der Ukraine werten. Eine negative Entscheidung zu Taurus wird also voraussichtlich nie verkündet werden.

Grünen-Politiker Hofreiter: "Verheerendes Signal"

Die Diskussion über die Marschflugkörper ist aber längst nicht vorbei und die Zurückhaltung könnte für neuen Ärger in der Koalition sorgen. Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter sprach von einem "verheerenden Signal" an Moskau. Mangelnde Entschlossenheit und zähe Diskussionen über Waffensysteme bestärkten Moskau nur in der Ansicht, den Krieg auf lange Sicht gewinnen zu können, sagte er im Deutschlandfunk. "Solange wir dieses Signal immer wieder aus Ängstlichkeit, aus Überforderung, aus nicht schnell genug entscheiden können entsenden, solange wird dieser Krieg weitergehen."

Hofreiter fordert Entschlossenheit

Er erwarte von Scholz, "dass er endlich den Weg freimacht für die vernünftige Unterstützung der Ukraine", sagte Hofreiter. Der Krieg werde erst zu Ende gehen, wenn Putin verstehe, dass es sich für ihn nicht lohnt, den Krieg gegen die Ukraine weiter fortzusetzen. Dafür brauche es Entschlossenheit.

CDU-Außenpolitiker: Totalausfall Deutschlands als Führungsnation

Auch die Union bekräftigte ihre Forderung nach der Taurus-Lieferung: "Mit der Absage der Taurus-Lieferung bestätigt Scholz den Totalausfall Deutschlands als selbst ernannte Führungsnation für europäische Sicherheit und stößt unsere Partner wie Großbritannien und Frankreich vor den Kopf, die bereits Marschflugkörper liefern", sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter der "Bild".

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