So lief der Schlagabtausch - Hartes TV-Duell von Scholz und Merz
Zwei Wochen vor der Bundestagswahl haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) einen harten Schlagabtausch über den Umgang mit der AfD und die Migrationspolitik geliefert.
Bei ihrem ersten von zwei geplanten TV-Duellen zeigten sich beide auch bei anderen Themen wie der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik unversöhnlich. Nach einer Zuschauerbefragung der Forschungsgruppe Wahlen war es ein "Duell ohne klaren Sieger".
Scholz wirft Merz erneut "Tabubruch" vor
Scholz warf Merz in ARD und ZDF erneut einen "Wortbruch" und einen "Tabubruch" vor, weil die Union im Bundestag ihren Fünf-Punkte-Plan zur Migration mit den Stimmen der AfD durchgesetzt hat. Er traue dem CDU-Vorsitzenden zu, nach der Wahl eine Koalition mit der AfD einzugehen. "Das ist meine ernste Sorge."
Merz: "Es wird diese Zusammenarbeit nicht geben"
Merz wies das zurück: "Es wird diese Zusammenarbeit nicht geben", sagte er. "Wir werden das nicht tun, uns (Union und AfD) trennen in den Sachfragen Welten." Die gemeinsame Abstimmung von Union, FDP und AfD hatte Ende Januar zu einem Eklat im Bundestag geführt. Einen Gesetzentwurf brachte Merz zwei Tage später wegen Abweichlern in seiner eigenen Fraktion und in der FDP aber nicht durch den Bundestag.
Scholz : Werde "harten Kurs" bei Migration fortsetzen
Beim Thema Migration versprach Scholz für die Zeit nach der Wahl, einen "harten Kurs" fortzusetzen. Deutschland dürfe Gewalttaten wie die von Aschaffenburg nicht akzeptieren. "Wir können uns niemals abfinden mit solchen Taten und deshalb muss klar und entschieden gehandelt werden." Die Pläne der Union zur Zurückweisung von Migranten an der Grenze wies Scholz erneut als rechtswidrig zurück und warnte vor einer "europäischen Krise". Er drängte Merz zudem dazu, dem von der Regierung vorgelegten Gesetz zur Umsetzung der europäischen Asylreform zuzustimmen.
Merz: "Was Sie hier erzählen, ist ein Märchenschloss"
Merz warf Scholz vor, "weit über zwei Millionen irreguläre Migranten nach Deutschland" gelassen zu haben. Das entspreche mehr als den Einwohnern der Stadt Hamburg, so der CDU-Vorsitzende. "Sie kriegen es in Ihrer Koalition nicht so hin, wie es notwendig wäre", hielt er Scholz vor. Der Kanzler nehme die Realität in Bund und Ländern beim Thema Migration nicht mehr wahr. "Sie leben nicht in dieser Welt", sagte Merz. "Was Sie hier erzählen, ist ein Märchenschloss."
Wirtschaftspolitik zweites großes Streitthema
Auch in der Wirtschaftspolitik gerieten Scholz und Merz aneinander. Merz warf Scholz eine gestörte Wahrnehmung bei der krisenhaften Lage der deutschen Wirtschaft vor. "Ich bin einigermaßen erschüttert, mit welcher Wahrnehmung Sie hier heute Abend den Zustand unserer Wirtschaft beschreiben", sagte der Unions-Kanzlerkandidat. Er fügte direkt an den Kanzler gewandt hinzu: "Das hat mit der Realität da draußen - ehrlich, Herr Scholz - gar nichts zu tun."
Merz: 50.000 Unternehmen in Insolvenz
Scholz hatte zuvor erklärt, es gebe in Deutschland keine Deindustrialisierung. Merz hielt Scholz entgegen, es gebe im Land eine Insolvenzwelle wie nie in den letzten 15 Jahren. "50.000 Unternehmen sind in Ihrer Amtszeit in Deutschland in die Insolvenz gegangen, fast die Hälfte davon im letzten Jahr", sagte Merz.
Kontroversen auch bei Schuldenbremse und Steuern
Scholz plädierte für eine Reform der Schuldenbremse. Er verwies auf die Notwendigkeit steigender Verteidigungsausgaben, um das Zwei-Prozent-Ziel der Nato einhalten zu können - das bedeutet zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung. Das sei ohne eine Reform der Schuldenbremse nicht zu schaffen. Merz konterte, bereits mit der bestehenden Schuldenbremse seien Milliarden mehr neue Schulden möglich. "Wir haben hier auch eine Verpflichtung unseren Kindern gegenüber, die müssen das irgendwann mal zurückzahlen", so Merz.
Scholz verteidigt die Pläne
Scholz verteidigte Pläne der SPD, dass sehr Reiche mehr Steuern zahlen sollen. Das halte er für gerecht. Der Spitzensteuersatz solle um zwei Prozentpunkte steigen, aber viel "später" erhoben werden als heute, sodass auch Familien mit sehr hohen Einkommen entlastet würden. Merz sagte, die Einkommenssteuer werde auch von Personengesellschaften und dem Mittelstand gezahlt. Durch höhere Steuern würde die Insolvenzwelle in Deutschland noch einmal nach oben gehen.
Unterschiede werden auch in der Sozialpolitik deutlich
Merz bekräftigte die Absicht, das Bürgergeld grundlegend zu reformieren. "Das System muss geändert werden. Wir wollen eine neue Grundsicherung." Merz rechnete vor, dass der deutsche Staat mit 100.000 Bürgergeldempfängern, die auf den Arbeitsmarkt zurückkämen, "mindestens 1,5 Milliarden Euro" sparen könne. In Deutschland gebe es 1,7 Millionen Bürgergeld-Empfänger, die arbeiten könnten.
Zuschauerbefragung ergibt Patt-Situation
Bei der Zuschauerbefragung der Forschungsgruppe Wahlen unter 1.374 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten gaben 37 Prozent an, Scholz habe sich besser geschlagen, 34 Prozent attestierten dies Merz. Für 29 Prozent lagen die beiden Kontrahenten auf einem Niveau.
Scholz und Merz bei Sachverstand gleichauf
Für 42 Prozent war Scholz glaubwürdiger, für 31 Prozent Merz, 27 Prozent der Befragten sahen keine großen Unterschiede. Den sympathischeren Auftritt bescheinigten 46 Prozent Scholz und 27 Prozent Merz. Bei der Frage nach dem Sachverstand lagen Scholz und Merz mit jeweils 36 Prozent gleichauf, 27 Prozent sahen keinen Unterschied.
Merz mit großem Vorsprung in den Umfragen
Die Union kommt derzeit auf 29 bis 34 Prozent, Scholz und die SPD liegen dagegen weit abgeschlagen mit 15 bis 18 Prozent nur auf Platz drei hinter der AfD. Die von der SPD erhoffte Trendwende blieb bislang aus. Scholz hat nun nur noch 14 Tage, den Rückstand von 11 bis 17 Prozentpunkten in den Umfragen aufzuholen. Auch bei den persönlichen Beliebtheitswerten liegt er weit hinten.
Weitere TV-Debatten
In den nächsten zwei Wochen bis zur Wahl am 23. Februar werden die Kanzler- und Spitzenkandidaten in zahlreichen weiteren Fernsehdebatten aufeinandertreffen. Zu einem Novum kommt es nächsten Sonntag (16. Februar): Dann werden sich Scholz und Merz bei den Privatsendern RTL und ntv eine Debatte mit Robert Habeck (Grüne) und Alice Weidel (AfD) liefern. Am 19. Februar, also vier Tage vor der Wahl, soll es bei Welt-TV und "Bild.de" ein weiteres Duell von Scholz und Merz geben.
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