Kinotipp: "Schneewittchen" - Zum Weinen schön übers Ziel hinaus
"Aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als ihr!“ – Als Zeichentrickfilm hatte Disney das Grimm-Märchen 1937 ins Kino gebracht. Jetzt startet die Realverfilmung, ein wahrer Bilderrausch. FFH-Kinomann Volker Willner urteilt: Zum Weinen schön, schießt aber übers Ziel hinaus.
Zehn Euro kostet dein Kinoticket, sieben ist es wert.
Das erste Lied schmettern die Darsteller gleich in der ersten Minute. Und etliche folgen. Fröhlich ist das Leben am Königshof und Schneewittchen, die kleine Prinzessin mittendrin. Überall flattern Schmetterlinge, Vögel zwitschern und Häschen und Igelchen kugeln über den sattgrünen Rasen. Dass das Märchen zum Drama wird, wissen wir alle: Die Königin stirbt, der König ist fort und seine herrschsüchtige neue Frau will das Kind im Wald umbringen lassen.
Schneewittchen Rachel Zegler (Golden Globe für „West Side Story“) bringt die liebenswerte Leichtigkeit mit, Königin Gad Gadot („Wonder Woman“) die boshafte Eisigkeit. Geschickt zeichnet der Film seine Figuren auch mit Geräuschen: Die böse Herrscherin ist sofort dadurch charakterisiert, dass sie einen Hummer fies knackend bricht und ihre Klunker so schwer klirren.
Als Sidekicks fungieren die knuffigen sieben Zwerge und ein Dieb, der mit seiner Bande auf der richtigen Seite steht. Soundtrack und Kostüme sind großartig. Das macht viel Spaß und sieht spektakulär aus. Doch Disney ist wild entschlossen, alles aus der Story herauszuholen, auch mit Spezialeffekten: Als die Prinzessin in den alptraumhaft dunklen Wald flüchtet, greifen knorrige Äste nach ihr, Bäume reißen die Mäuler auf und Augen leuchten in der Rabenschwärze. Ein Gefecht von Palastwachen gegen Schneewittchens Beschützer gibt’s wohl nur, um den Actionanteil zu erhöhen. Und das – nicht märchenkonforme – Ende ist einfach über-disneysiert.

