Sanierungen zu oft verschoben - ADAC kritisiert Umgang mit Brücken
Es ist eine große Erleichterung für alle Pendlerinnen und Pendler rund um Wiesbaden: Ab Montag rollt der Verkehr wieder über die neugebaute Salzbachtalbrücke auf der A66. Damit fällt ein massiver Verkehrsengpass weg. An anderen Stellen in Hessen stehen aber immer noch viele Großbauprojekte an maroden Brücken an - laut ADAC ein hausgemachtes Problem. Die Sanierung maroder Autobahnbrücken sei in der Vergangenheit aus finanziellen Gründen immer wieder hinausgeschoben worden.
"Jetzt bekommt man die Quittung dafür, dass die Brücken heute alle gleichzeitig anfangen zu bröckeln", sagte Oliver Reidegeld, Sprecher des ADAC Hessen-Thüringen. Zu den künftig wichtigen Verkehrsprojekten in Hessen zählen allein neun Maßnahmen an der Autobahn 45 zwischen dem Gambacher Kreuz bei Gießen und der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen.
Salzbachtalbrücke wird teilweise freigegeben
Die wieder aufgebaute Salzbachtalbrücke an der Autobahn 66 in Wiesbaden soll an diesem Montag teilweise für den Verkehr freigegeben werden. Die wichtige Verbindung zwischen dem Rheingau und Wiesbaden bis nach Frankfurt war vor rund zwei Jahren gesprengt worden. Zuvor war im Sommer 2021 das Lager eines Pfeilers am südlichen Brückenteil eingebrochen.
Verkehrschaos über Jahre
Der Überbau sackte ab, Betonteile fielen auf die darunterliegende Bundesstraße. Die Brücke wurde aus Sicherheitsgründen gesperrt und schließlich am 6. November 2021 gesprengt. Zwischenzeitlich waren die darunterliegende Bahnstrecke sowie die Bundesstraße 263 gesperrt - perfekt war das Verkehrschaos in der Region.
Neue Brücke ist teurer als ursprünglich gedacht
Bertram Kühn, Professor für Bauingenieurwesen an der THM in Gießen, zufolge wurde das erste der beiden Brückenteile vergleichsweise schnell fertig. Es habe kein Baurecht mehr geschaffen werden müssen und der Neubau war bereits in Planung gewesen. Die Gesamtkosten liegen bei etwa 225 Millionen Euro - 2018 waren noch 146,4 Millionen Euro veranschlagt worden. Als Grund für die Kostenerhöhung hatte die Autobahngesellschaft die allgemein gestiegenen Baupreise genannt. Der nördliche Bauteil soll laut Autobahn GmbH bis Mitte 2025 fertig werden.
Weitere Großbauprojekte in Hessen
Nach der Eröffnung der neuen Schiersteiner Brücke der A643 zwischen Wiesbaden und Mainz vor wenigen Monaten ist noch einiges an Arbeiten geplant. So sollen an dem Autobahnkreuz bis 2028 unter anderem Rampen, Brücken und Stützwände entstehen. Auch andernorts stehen in den kommenden Jahren Sanierungen und Neubauten maroder Brücken an.
Marode Autobahnbrücken
An der Autobahn 45 zwischen dem Gambacher Kreuz bei Gießen und der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen gibt es neun Maßnahmen. Der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) hatte erklärt, dass auf dieser Strecke angesichts des hohen Lkw-Aufkommens besonders viele Autobahnbrücken marode sind.
Das wird dauern...
"Das wird uns sicher die nächsten 20 Jahre beschäftigen. In etwa 90 Prozent der Brücken müssen neu gebaut werden", sagte Brückenexperte Kühn zu dieser Strecke. Laut ADAC müssen auf der A45 insbesondere die Talbrücken Langgöns und Blasbach ersetzt werden - in beiden Fällen laufe ein Planfeststellungsverfahren. Bei der Talbrücke Lemptal sei das Verfahren bereits abgeschlossen. Ein weiteres wichtiges Projekt sei der Ersatzneubau der Rampen am Rüsselsheimer Dreieck (A60/A67), der laut Autobahn GmbH Ende 2026 fertig werden soll.
Marode Brücken aus den Sechzigern
Auf der Suche nach maroden Brückenbauwerken müsse man nur nach links und rechts schauen, sagte Bauexperte Kühn: "Die meisten Brücken sind in der Wirtschaftswunderzeit ab 1960 entstanden und sind nicht für diese hohen Verkehrslasten ausgelegt." Eigentlich seien Brücken dafür ausgelegt, 100 Jahre zu halten. Zur Bauzeit von Brücken wie der Salzbachtalbrücke sei allerdings nicht damit gerechnet worden, dass der Verkehr derart stark ansteigen würde.
Finanzen und Personalmangel als Problem
Laut Oliver Reidegeld, Sprecher des ADAC Hessen-Thüringen, waren Sanierungen in der Vergangenheit aus finanziellen Gründen immer wieder hinausgeschoben worden. Auch vor dem Hintergrund der Schuldenbremsen-Urteile und Fragezeichen um künftige Haushalte sehen die Experten die Finanzierung von Infrastrukturprojekten als Herausforderung. "Man sollte jetzt auch keine Mittel dafür kürzen, sonst gibt es wieder Sperrungen", sagte Reidegeld. Kühn zufolge ist neben Finanzfragen auch der Personalmangel ein Problem.
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