Nach Umsturz in Syrien - Mehrere Staaten setzen Asylverfahren aus
Mehrere europäische Staaten haben nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien Asyl-Entscheidungen ausgesetzt. Derweil ist der politische Übergangsprozess in Damaskus im Gang. Und Israel bombardiert militärische Anlagen in dem Bürgerkriegsland.
Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad ebnet die Rebellenallianz den Weg für eine Übergangsregierung. Nach einem Spitzentreffen in der Hauptstadt Damaskus sei Mohammed al-Baschir, bislang Regierungschef in der Rebellenhochburg Idlib, mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt worden, meldeten mehrere arabische Medien.
Auch Italien und Großbritannien setzen Asylverfahren aus
Derweil setzen auch Großbritannien und Italien vorläufig Asylverfahren für Menschen aus Syrien aus. Damit folge man dem Beispiel anderer europäischer Partner, teilte die italienische Rechtsregierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit. Auch in Deutschland stoppte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) vorerst alle Entscheidungen über Asylanträge aus Syrien.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hofft, dass mit einer Einkehr von Stabilität in Syrien mehr Flüchtlinge freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren werden. Damit dies geordnet zugehe, lasse er einen weiteren Grenzübergang in der südtürkischen Provinz Hatay öffnen. Weltweit hat die Türkei die meisten Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, zurzeit leben nach UN-Angaben rund drei Millionen im Land.
Flächendeckende Bombardements
Israel flog unterdessen schwere Angriffe in Syrien. Der US-Verbündete Israel griff laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftflotten in Syrien an. Nach den Luftangriffen auf ein Forschungszentrum berichteten Anwohner laut Augenzeugen von einem starken Gasgeruch. Assad hatte im Bürgerkrieg gegen Zivilisten und Rebellen immer wieder Giftgas eingesetzt.
Auch Syriens Luftabwehr sei in Damaskus, Homs, Hama, Latakia und Daraa durch Israels Angriffe außer Betrieb gesetzt worden, hieß es weiter. Es seien die "schwersten Angriffe (Israels) in der Geschichte Syriens", sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel-Rahman, der Deutschen Presse-Agentur. Die Organisation mit Sitz in Großbritannien stützt sich auf Informanten in Syrien.
Netanjahu: Wir wollen ein anderes Syrien
"Der Staat Israel etabliert sich zu einem Machtzentrum in unserer Region, wie es seit Jahrzehnten nicht mehr der Fall war", sagte Netanjahu. "Wir wollen ein anderes Syrien", das sowohl Israel als auch den Einwohnern Syriens zugutekomme, sagte er. Israel hatte zuvor Streitkräfte in die Pufferzone auf den besetzten Golanhöhen und anderen Orten verlegt, darunter auch auf der syrischen Seite des Berges Hermon. Es sei eine vorübergehende Maßnahme.
UN-Sicherheitsrat: Syriens territoriale Integrität bewahren
Nach Beratungen des UN-Sicherheitsrats in New York hinter verschlossenen Türen sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja zu Journalisten: "Der Rat war sich mehr oder weniger einig mit Blick auf die Notwendigkeit, die territoriale Integrität und Einheit Syriens zu bewahren, den Schutz der Zivilisten zu sichern und sicherzustellen, dass humanitäre Hilfe zu der bedürftigen Bevölkerung kommt".
"Alle sind von den Ereignissen überrascht worden, alle, auch die Mitglieder des Rats", sagte Nebensja im Anschluss an die Beratungen. "Also müssen wir abwarten, beobachten und bewerten, wie sich die Situation entwickeln wird." Der scheidende US-Präsident Joe Biden betonte nach Angaben des Weißen Hauses in einem Telefonat mit dem König von Jordanien seine "volle Unterstützung für einen von Syrien geleiteten Übergangsprozess unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen" gemäß einer UN-Resolution.
Scholz telefoniert mit Macron
Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron tauschten sich am Telefon über die Lage in Syrien aus. "Beide waren sich einig, dass man bereit sei, mit den neuen Machthabern zusammenzuarbeiten, auf der Basis grundlegender Menschenrechte und dem Schutz ethnischer und religiöser Minderheiten", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Es sei wichtig, die territoriale Integrität und Souveränität Syriens zu erhalten.
Weißhelme: Keine Häftlinge mehr in Assads "Schlachthaus"
In Syriens berüchtigtem Militärgefängnis Saidnaja befinden sich nach dem Sturz der Assad-Regierung laut Aktivisten mittlerweile keine Gefangenen mehr. Die systematische Durchsuchung des riesigen Komplexes nördlich von Damaskus nach geheimen Zellen und verborgenen Kellerräumen sei inzwischen abgeschlossen. Zugleich äußerten die als Weißhelme bekannten Mitglieder des syrischen Zivilschutzes ihr Mitgefühl mit den vielen Familien, die vergeblich darauf gehofft hätten, dass vermisste Angehörige nach Assads Sturz lebend in dem Gefängnis gefunden werden.
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