Nach Landtagswahl in Hessen: CDU startet Koalitionsgespräche mit SPD
Das soll sich in Hessen ändern - CDU startet Koalitionsgespräche mit SPD
CDU und SPD wollen künftig Hessen gemeinsam regieren und starten dazu heute Koalitionsgespräche. CDU-Chef Boris Rhein hatte zuvor bekanntgegeben, dass die Union nach zehn Jahren Schwarz-Grün den Koalitionspartner wechseln will.
14 Arbeitsgruppen beraten sich jetzt über gemeinsame Themen und Schwerpunkte.
Migrationen, Schulen und Kitas Thema in den Koalitionsverhandlungen
Vieles haben CDU und SPD bereits vorab vereinbart: Die Migration soll begrenzt werden. Es geht aber auch um mehr Lehrer, mehr Polizei und um mehr Geld für Kitas bis hin zu einem eigenständigen Landwirtschaftsministerium. Klar ist: Die Schwerpunkte verschieben sich. Klimaschutz steht nicht mehr so im Vordergrund wie bisher. Dazu soll das Gender-Sternchen in Unis, Schulen oder Ministerien verschwinden.
Parteitage sollen entscheiden
Rhein hatte zuvor erklärt: "Wir wollen als CDU den Versuch unternehmen, in Hessen eine Regierung mit der SPD, mit den Sozialdemokraten, zu bilden und zum ersten Mal seit 70 Jahren in einer christlich-sozialen Koalition zusammenarbeiten." Man wolle mit der SPD ein Programm schreiben, das Vernunft und Fortschritt miteinander verbinde. "Ein Programm für Vernunft im Umgang mit der Migration. Besonnen, nie mit Schaum vorm Mund." Am 16. Dezember wollen CDU und SPD den neuen Regierungsvertrag auf Parteitagen absegnen.
Neuer Landtag im Januar
Grüne, Sozialdemokraten und Liberale hatten am 8. Oktober bei der Landtagswahl in Hessen allesamt Stimmen verloren im Vergleich zu 2018. Mit der deutlich erstarkten AfD schließt die CDU eine Zusammenarbeit aus. Der neue Wiesbadener Landtag konstituiert sich am 18. Januar 2024.
Die bisherigen Eckpunkte für Schwarz-Rot
Während der Sondierungsgespräche nach der Landtagswahl haben sich CDU und SPD auf sogenannte "Eckpunkte einer Hessenkoalition der Verantwortung" geeinigt. Das sechs Seiten lange Papier soll eine Grundlage für den möglichen schwarz-roten Koalitionsvertrag sein. Es besteht aus zehn Punkten:
- Bildung: Hier ist unter anderem ein Bekenntnis zur "Vielfalt der Schulformen" verankert sowie eine Stärkung der beruflichen Bildung. Das Schulfach "Digitale Welt" soll es landesweit geben.
- Unter der Überschrift "Familie und Alleinerziehende" wird beispielsweise ein Investitionsprogramm für den Kita-Ausbau angekündigt. Die Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher soll attraktiver werden.
- Für mehr Sicherheit soll es zusätzliche Stellen für die Polizei geben und die Videoüberwachung erleichtert werden. Zudem heißt es unter anderem: "Im Bundesrat werden wir einen Gesetzesentwurf zur IP-Adressspeicherung einbringen."
- Unter "Migration und Integration" bekennen sich die möglichen Koalitionäre zur Begrenzung der Migration und zum Schutz der europäischen und deutschen Außengrenzen unter anderem mit stationären Grenzkontrollen. Zudem ist eine Rückführungsoffensive verankert. Gemeinsam mit den Kommunen soll eine Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt werden.
- Der Punkt "Gesundheit und Soziales" sieht etwa eine "verlässliche Finanzierung" der Krankenhäuser vor, ein Landespflegegeld für pflegende Angehörige sowie einen "Aktionsplan gegen Einsamkeit".
- Zum Thema "Wohnen" wird ein Hessengeld für das erste selbst genutzte Eigenheim von 10.000 Euro pro Käufer und 5.000 Euro pro Kind angekündigt.
- Der Ländliche Raum soll unter anderem mit einem "Hessen-Euro pro Mitglied und Monat" für Vereine gestärkt werden. Der Wolf soll ins Jagdrecht aufgenommen werden.
- "Wirtschaft und Innovation" sollen mit einem Paket für Bürokratieabbau und Planungsbeschleunigung voran gebracht werden. Es soll ein eigenes Ministerium für Land- und Forstwirtschaft sowie Weinbau, Jagd und Heimat geschaffen werden.
- Beim Thema "Energie, Klima- und Umweltschutz" soll Hessen Leitstandort für innovative Forschung werden, etwa bei der laserbasierten Kernfusion.
- Unter der Überschrift "Freiheit und Generationengerechtigkeit" soll festgeschrieben werden, dass in staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen wie Schulen, Universitäten und Rundfunk auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird.
Rhein: Koalition mit SPD keine grundsätzliche Absage an Schwarz-Grün
Die Entscheidung zur Koalition mit der SPD ist nach Ansicht von Ministerpräsident Rhein aber keine grundsätzliche Absage an schwarz-grüne Bündnisse auf Landes- oder Bundesebene. "Wir haben eine Entscheidung für Hessen getroffen und nicht für den Bund", sagte Rhein dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Das ist keine Absage an schwarz-grüne Bündnisse in anderen Ländern oder im Bund."
Rhein begründet Entscheidung für SPD
Unter bestimmten Bedingungen seien Bündnisse zwischen der CDU und den Grünen weiter möglich. "Für den Bund stellen sich diese Fragen erst in zwei Jahren nach der Bundestagswahl, und wir wissen heute noch nicht, wie die Lage dann aussieht", sagte Rhein. Die hessische CDU habe sich aufgrund inhaltlicher Überschneidungen für die Sozialdemokraten entschieden. "Unsere Entscheidung hat insbesondere mit der inneren Sicherheit, der Migration und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt zu tun. Bei diesen Themen sind die Schnittmengen mit der SPD größer."
Testlauf für Bundestagswahl 2025?
Zur Frage, ob die schwarz-rote Koalitionsbildung in Hessen ein Testlauf für 2025 sei, sagte Rhein: "Ich halte es in einer Zeit multipler Krisen für richtig, dass insbesondere die traditionsreichsten und tief in der Gesellschaft verankerten Volksparteien zusammenkommen, um gemeinsame Antworten zu geben und klare Lösungen zu formulieren."