Windpark Reinhardswald: Trotz Klagen geht Bau jetzt richtig los
Windpark Reinhardswald - Trotz Klagen geht Bau jetzt richtig los
Obwohl noch mehrere Klageverfahren am Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) laufen, haben die Bauarbeiten für den umstrittenen Windpark Reinhardswald (Kreis Kassel) seit diesem Montag richtig Fahrt aufgenommen. Nun werde der Bau der Fundamente vorbereitet, so Windpark-Chef Ralf Paschold.
Das Vorhaben ist nicht ohne Risiko - denn das Gericht könnte das Projekt immer noch kippen. Die 18 rund 240 Meter hohen Windräder im Reinhardswald sollen sich laut aktuellem Plan Ende 2026 drehen und Strom für rund 75.000 Haushalte liefern. Seit der Genehmigung des Windparks im Februar 2022 wurden nur Vorbereitungsarbeiten wie Baumrodungen vorgenommen.
"Meilenstein erreicht"
"Es ist toll, diesen Meilenstein zu erreichen", sagt Windpark-Chef Paschold im FFH-Interview über den Start der Bauarbeiten. Mit großem Gerät wurde am Montagvormittag bereits Waldboden zur Seite geschoben. Bauzäune wurden da aufgebaut, wo die Windkraftanlagen errichtet werden solllen. "Es ist bedauerlich, dass wir durch die Klageverfahren über zwei Jahre verloren haben, sonst hätten sich die Räder schon drehen können." Paschold spricht von 50 Prozent Mehrkosten durch die Verzögerung - ursprünglich war von Gesamtkosten von 120 Millionen Euro die Rede.
Gericht könnte Projekt noch kippen
Dass die Arbeiten jetzt ohne finales Gerichtsurteil beginnen, basiert auf einer rechtlichen Einschätzung - einer so genannten "Legal Opinion" - einer Berliner Kanzlei. Gibt es keine Sorge, dass der VGH das Millionenprojekt nicht doch noch kippen könnte? "Wir sind zuversichtlich", sagt Paschold und verweist dabei auch auf einen Erörterungstermin im vergangenen Jahr mit dem Gericht selbst.
17,5 Kilometer Kabel im Wald
Bis ins kommende Jahr sollen nun die Fundamente gebaut und die 17,5 Kilometer lange Verkabelung zwischen den Anlagen verlegt werden. 2026 sollen dann mit großen Kränen die Anlagen im Wald errichtet werden. Der Ausbau der Zuwege zu den Anlagen ist derzeit vom VGH noch untersagt. Hier dürfte aber bald eine Entscheidung folgen.
Windpark-Gegner wollen Klagechancen ausloten
Zu den Klage-Parteien zählt die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW). "Wir prüfen demnächst, ob eine Klage weiterhin Erfolgsaussichten hat", sagt der Landesvorsitzende Bernhard Klug zu FFH. Dabei soll auch betrachtet werden, ob die Windpark-Bauer die Anforderungen des Gerichts erfüllt hätten. "Der Projektierer hat zielstrebig weitergearbeitet", so Klug.
Prozessakte umfasst 23 Ordner
Am 9. Senat am VGH sind derzeit sechs Klage- und drei Eilverfahren in Sachen Windpark anhängig - insgesamt umfasst die Prozess-Akte mittlerweile 23 Ordner. Kläger sind der Verein Naturschutzinitiative (NI), die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald sowie die Gemeinde Wesertal. Drei Klage- und die Eilverfahren betreffen die Anlagenstandorte, zwei Klageverfahren den Bau der Zuwegung und ein Klageverfahren die denkmalschutzrechtliche Genehmigung des Landkreises Kassel für die Zuwegung, teilt eine Gerichts-Sprecherin auf FFH-Anfrage mit. Wann eine Entscheidung in den Verfahren fällt, sei derzeit nicht absehbar.
Überblick: Die Chronik des Windparks im Reinhardswald
- 7. August 2020: Es wird ein Genehmigungsantrag beim Regierungspräsidium Kassel für den Windpark Reinhardswald gestellt.
- 2. Februar 2022: Der Bau von Windrädern im Reinhardswald ist vom Regierungspräsidium Kassel genehmigt worden. Alleine der Bescheid umfasst über 250 Seiten. Umgehend beginnen die ersten Baumfällarbeiten. Schon davor hatte es immer wieder Proteste gegen das Projekt gegeben.
- 6. Februar 2022: Etwa 700 Menschen demonstrieren in Trendelburg gegen den Bau des Windparks.
- 8. Februar 2022: Der umstrittene Windpark im Reinhardswald beschäftigt kurz nach der Genehmigung schon die Justiz. Beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel sind bereits zwei Eilanträge eingegangen, teilt ein Sprecher auf FFH-Anfrage mit.
- 23. Februar 2022: Naturparkführer im Reinhardswald legen aus Protest gegen den Bau von Windkraftanlagen ihre Ämter nieder. Sie sind besorgt über die Veränderungen des Landschaftsbildes durch die geplanten Projekte.
- 5. März 2022: In Nordhessen demonstrieren Bürger für den Windpark Reinhardswald unter dem Motto „Windkraft ist Waldschutz“.
- 13. Mai 2022: Der Bau des Windparks ist vorerst gestoppt. Das hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschieden. Der Grund dafür ist eine mögliche Gefährdung der streng geschützten Haselmaus in dem Gebiet.
- 6. Januar 2023: Die Rodung im Reinhardswald kann teilweise weitergehen, nachdem eine Gefährdung der Haselmaus ausgeschlossen werden konnte.
- 13. Februar 2023: Weiterer Dämpfer für den Windpark: Der VGH stoppt Baumfällungen für den Wegebau.
- 26. Mai 2023: Windpark-Betreiber Ralf Paschold zieht im FFH-Interview eine Zwischenbilanz. Die Verzögerung durch das Klageverfahren hätte bisher für 60 Millionen Euro Mehrkosten gesorgt.
- 11. Oktober 2023: Teilerfolg vor Gericht für den Windpark. Der VGH hebt den Baustopp für Baumfällarbeiten vom Februar auf.
- 28. November 2023: Nach der Landtagswahl fordern Gegner des Windparks ein Umdenken von der Landesregierung. Sie solle das Projekt noch stoppen, indem das betroffene Areal zu einem Waldnaturschutzgebiet erklärt wird.
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